2017 Migration und Integration
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17. Januar 2019Schleuserkriminalität war Thema einer Informationsveranstaltung am Mittwoch, 5. April 2017 im Bürgersaal Ahausen, zu der die CDU Bermatingen und die CDU Bodenseekreis eingeladen hatte.
Auf Einladung von Lothar Riebsamen, MdB, informierte Roderich Kiesewetter, MdB, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, über Maßnahmen zur Eindämmung krimineller Machenschaften illegaler Schleuser.
Die Schleuserkriminalität sei zentrales Thema in der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, erläuterte Kiesewetter. Kriminelle Organisationen nutzen die Hoffnung auf eine bessere Lebensperspektive sowie Vertreibung durch Krieg, um Flüchtlinge und Migranten illegal nach Europa zu bringen. Der Kampf gegen Schleuserbanden und Menschenschmuggel sei daher Aufgabe von auf nationaler sowie EU-Ebene.
Treiber der Flucht sind, so Kiesewetter, der Verlust stabiler Ordnung, der Zerfall von Staaten und militärische Machtprojektion. Dazu nannte er folgende Zahlen: Weltweit sind 65 Mio. Menschen auf der Flucht, wobei die Situation bei den Mittelmeeranrainern besonders dramatisch ist:
Im Libanon liegt der Anteil der Flüchtlinge bei 35 % der Bevölkerung, in Libyen sind es rund 12 % der Bevölkerung, die Türkei hat 3,5 Mio. Syrer aufgenommen, der Irak etwa 2 Mio.
Deutsches Interesse sei, die Fluchtursachen zu beheben und Einfluss zwecks politischer Stabilität und friedlicher Konfliktbeteiligung zu gewinnen.
„Dieses Interesse ist untrennbar mit Werten verbunden“, so Kiesewetter. „Sterben auf dem Mittelmeer ist eine Tragödie für Europa.“ Er verdeutlichte den Konflikt anhand der Seenotrettung, die zwar moralisch geboten sei, jedoch nicht zur Verbesserung der Lage führe. Das Gegenteil sei der Fall „Die Seenotrettung allein führt zu einem ‚Staubsaugereffekt“, da die Schleuser mehr Flüchtlingen die sichere Aufnahme durch Boote auf hoher See versprechen können.“
Deshalb sei das Abkommen zwischen der Türkei und der EU vom März 2016 so wichtig: Geflüchtete werden in der Türkei nahe ihrer Heimat versorgt und der legale Zuzug durch Kontingente gesteuert.
Erste Priorität habe eine rasche Hilfe bei sich abzeichnenden Versorgungskrisen. Die ausbleibende Reaktion auf die Nahrungsmittelkrise in Flüchtlingslagern im Libanon, Jordanien und Irak habe 2015 zur Migration über die Türkei geführt. Daher seien bei der Londoner Flüchtlingskonferenz 9 Mrd. € für humanitäre Hilfe bereitgestellt worden.
Zweite Priorität hätten Bemühungen, den Frieden zu erhalten und staatliche Strukturen zu befähigen, Terror und kriminelle Organisationen einzudämmen, so Kiesewetter. Dazu gehörten beispielsweise die Ertüchtigung des Grenz- und Küstenschutzes von Anrainerstaaten, die Sicherheitspartnerschaft mit Tunesien, die Unterstützung der kurdischen Peschmerga.
Eine wachsende Herausforderung seien aus Afrika kommende Flüchtlinge. Über 90 % der 180.000 Flüchtlinge, die letztes Jahr nach Italien kamen, flohen über die Mittelmeerroute von Libyen aus – einem Transitland ohne staatliche Autorität. Daher gebe es einen 10-Punkte-Plan, der insbesondere eine Stärkung Libyens vorsehe. Dazu gehöre die Ausbildung und Ausrüstung der Küstenwache, um die von Schlepperbanden organisierten Überfahrten in Richtung Europa zu verhindern. Ein zweiter Punkt sei die Bereitstellung von menschenwürdigen Aufnahmeeinrichtungen in Libyen, um gestrandete Flüchtlinge angemessen versorgen zu können. Wie beim Abkommen mit der Türkei sei deutsches Ziel in Libyen: „Illegalität unterbinden, Schmugglern und Schleppern das Handwerk legen und die Situation der Flüchtlinge verbessern“.
Dritte Priorität hätten sichere Aufnahme- Versorgungs- und Rückkehrhilfekapazitäten. Es werde daher angestrebt, in Ländern, in denen stabile Migrationspartnerschaften möglich sind, Aufnahmezentren zu finanzieren. Zudem soll intensiv in wirtschaftliche Infrastruktur investiert werden und die geregelte Rücknahme abgelehnter Asylbewerber ermöglicht werden. Im Zentrum dieser Bemühungen stehe verstärkt Nordafrika.
Angesichts zahlreicher Krisen und Konflikte im Umfeld müsse Europa gemeinsam handeln: Die EU-Küstenwache sei dazu ein erster Schritt. Die EU müsse ein Angebot an die Partnerstaaten machen, damit weniger Flüchtlinge nach Europa kommen und Transitstaaten nicht destabilisiert werden.
Für Kiesewetter geht es um den politischen Dialog: Die EU müsse sich diplomatisch stärker Gehör verschaffen und dabei koordiniert Wirtschaftsreformen und wirksame staatliche Verwaltung in den Partnerstaaten unterstützen.
Zudem sei eine engere Abstimmung von Entwicklungs- und Wirtschaftszusammenarbeit nötig. Dazu gehörten Wertschöpfungsketten in den Ländern, Förderung von Energie- und Agrarprojekten ebenso wie ein Wissenschafts- und Jugendaustausch oder Städtepartnerschaften. Übergreifende Angebote tragen zu mehr Wohlstand und Lebensperspektive bei, so Kiesewetter.
Zur Kontrolle und Bekämpfung des Schlepperwesens forderte Kiesewetter eine Trennung von Asyl- und Einwanderungsgesetzgebung: bislang kommen Wirtschafts- und Kriegsflüchtlinge in einem gemeinsamen Strom als Asylbewerber in die EU, erläuterte er. Qualifizierte Wirtschaftsmigranten würden beim Asylverfahren wegen fehlenden Schutzstatus abgelehnt. Bei einer Trennung der Verfahren könnten Kriterien für die Arbeitsmigration festgelegt werden, beispielsweise Sprache lernen, Grundgesetz anerkennen, Ausbildung nachweisen. Darüber hinaus könnte bereits im Herkunftsland das Verfahren abgewickelt werden und die Möglichkeiten in Europa kommuniziert werden: „Viele Menschen in Afrika haben ein falsches Bild von der Lage in Europa“, beklagte Kiesewetter.
Damit abgelehnte Asylbewerber freiwillig und rasch in die Heimat abgeschoben können, sind vorweg Vereinbarungen mit den Herkunftsländern nötig. Da geht es darum, die Rückzuführenden mit Fähigkeiten auszustatten, damit sich in ihrem Heimatland eine Lebensperspektive eröffnet, beispielsweise durch Ausbildungsmaßnahmen von Blaulichtorganisationen, des Handwerks usw.
Abschließend hob der Referent hervor, dass die Schleuserkriminalität und das Sterben im Mittelmeer die EU zu humanitärer Hilfe und zu Solidarität verpflichte. Aber „ wir müssen langfristig wirksame Wege finden, um die Ursachen der Flucht zu beheben und um die Migration durch Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitstaaten kontrollieren zu können.“ Es gehe nicht um schmutzige Deals. „Unsere Werte könne wir nur verteidigen, wenn wir Einfluss in Regionen der Instabilität gewinnen“, erklärte Kiesewetter. Eine Abschottung würde diesem nicht gerecht – sondern nur eine kluge Verbindung von Innen- und Außenpolitik.
Carola Uhl